Gericht: Bürgerbegehren gegen Kirchentags-Zuschuss kann starten

Mit rund sechs Millionen Euro will die Stadt Düsseldorf das evangelische Treffen 2027 unterstützen. Das lehnt die Initiative „Düsseldorfer Aufklärungsdienst“ ab. Nun beginnt sie, Unterschriften für eine Ablehnung dieses Zuschusses zu sammeln.
Veröffentlicht am 30. September 2022
Protest vor dem Rathaus Düsseldorf
So demonstrierte der Düsseldorfer Aufklärungsdienst vor dem Rathaus. Foto: Ricarda Hinz

Auch Moses – siehe Foto – wird beim Bürgerbegehren dabei sein: Die Figur, die der Wagenbauer des Rosenmontagszugs, Jacques Tilly, schuf, guckt sehr grimmig. Zu seinen Zehn Geboten verkündet er nun ein elftes: „Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen!“

Das ist, kurz und bündig, eine Forderung der Initiative „Düsseldorfer Aufklärungsdienst“ (DA). Sie sieht sich als über-konfessionell und lehnt es grundsätzlich ab, Steuergelder für solche Treffen auszugeben. Dass der Stadtrat das inzwischen anders entschieden hat, will sie nicht hinnehmen und bereitet ein Bürgerbegehren vor, das diesen Ratsbeschluss am Ende im Rahmen eines Bürgerentscheids kippen könnte.

Der Weg dahin war jedoch nicht leicht, weil die Stadt – so DA – sich nicht kooperativ zeigte und bisher die nötigen Zahlen (Ausgaben, Einnahmen) nicht in der juristisch korrekten Form vorlegte. Aber das hat sich nun geändert: Vor dem Verwaltungsgericht einigten sich die beiden Parteien, also DA und Stadt, auf einen Vergleich. Der sieht vor, dass DA mit Frist 29. September, 24 Uhr, eine Auflistung der kalkulierten Kosten und Einnahmen bekommen soll. Dieses Zahlenwerk braucht DA, um nun zu versuchen, die erforderliche Zahl an Unterschriften für einen Bürgerentscheid einzusammeln.

Der Anlass für den Streit

Es geht um den Evangelischen Kirchentag im Jahr 2027. Den würde eine deutliche, aber keineswegs überwältigende Mehrheit im Stadtrat gerne nach Düsseldorf holen. Die Chancen stehen gut dafür. Am Ende entscheidet das Kirchentagspräsidium in Fulda. Laut Vorlage der Stadt sollen bis zu 40.000 Ehrenamtler die Umsetzung des Events stemmen. Rund 2000 Einzelveranstaltungen werde es im Falle einer Zusage geben. 

Die Organisatoren sehen den Kirchentag als überkonfessionellen Treff für alle Menschen, die die Chance der Begegnung nutzen und – buchstäblich – über Gott und die Welt reden oder sich informieren möchten. Religion kann, muss dabei aber nicht im Mittelpunkt stehen. Über fünf Tage würde man ein buntes Programm aus Kultur, Vorträgen und Diskussionen in unterschiedlichen Locations der Stadt anbieten. Man rechnet mit rund 100.000 Teilnehmern. Als Düsseldorf im Jahr 1982 den durchaus vergleichbaren Katholikentag ausrichtete, zog man am Ende eine positive Bilanz: Rund 200.000 vor allem junge Menschen aus der ganzen Welt hatten eine als sehr positiv empfundene Stimmung in die Stadt gebracht.  

Pro-Argumente der Stadt
Die Stadt wird laut Ratsbeschluss 4,3 Millionen Euro als direkten Zuschuss für die entstehenden Kosten zahlen. Dazu kämen noch 1,5 Millionen an so genannten Sachleistungen. Zum Beispiel könnte man auf Hallenmieten im Dome, der Arena und an anderen Stellen verzichten oder die Kosten für Ordnungsdienste übernehmen. Insgesamt rechnet man mit knapp sechs Millionen Euro.

Das jedoch, so das Kalkül, sei gut angelegtes Geld. Düsseldorf zeige sich imagefördernd als weltoffene Stadt, zigtausende Besucher kämen her, nutzten Hotels, Gastronomie und kauften ein. Die lokale Wirtschaft würde also profitieren. Eine Zahl von 20 Millionen Euro so genannten Sekundärumsatz, die in der Diskussion mal auftauchte, wurde jedoch von keiner Seite bestätigt. Aus gutem Grund: Am Ende weiß niemand so genau, was umsatztechnisch von einem solchen Event bleibt. Erfahrungsgemäß sind Besucher solcher Veranstaltungen selten Frauen oder Männer, die sehr viel Geld ausgeben.

Contra-Argumente von DA
Die Initiative will nicht den Kirchentag an sich kippen. Sie wehrt sich nur gegen die städtische Mit-Finanzierung, weil sie es für nicht akzeptabel hält, dass Steuern für religiös geprägte Veranstaltungen ausgegeben würden. Ricarda Hinz vom Vorstand der DA kritisiert die vom Rat beschlossene Millionenförderung als Verletzung des Gebots weltanschaulicher Neutralität. Hinz: „Die vermögende evangelische Kirche soll ihr missionarisches Großevent aus eigenen Mitteln finanzieren und nicht auf Kosten der mehrheitlich konfessionsfreien Steuerzahler.“ In Düsseldorf leben derzeit knapp über 100.000 Protestanten, das sind etwa 16 Prozent der Einwohner.

Wie geht es nun weiter?
Orientiert an der Zahl der Düsseldorfer Wahlberechtigten müssen für das Bürgerbegehren mindestens 15.000 Stimmen gesammelt werden. In die Listen eintragen können sich alle in Düsseldorf bei Kommunalwahlen stimmberechtigten Personen: Das sind Menschen ab 16 Jahren einschließlich der Bürger aus EU-Staaten mit Wohnsitz in Düsseldorf. Wird die erforderliche Stimmenzahl erreicht und nimmt der Rat dann nicht schon von sich aus seinen Beschluss pro Kirchentag zurück, kommt es im nächsten Schritt zum Bürgerentscheid. Der kann bei entsprechendem Ergebnis den Ratsbeschluss zu Fall bringen und die Finanzierung des Evangelischen Kirchentags 2027 aus allgemeinen Steuergeldern stoppen.

Weiterführender Link
Mehr zu den Unterschriftenlisten und zum „Düsseldorfer Aufklärungsdienst“ finden Sie hier.


Lust auf weitere Geschichten?