Frau Karamis Kampf gegen die Mullahs
Andisheh Karami ist zwar allein dort, aber nicht zu übersehen. Mitten auf dem Platz vor dem Haupteingang des Bahnhofs steht sie zwischen Blumen, Kerzen, Fotos, Postern und gemalten Bildern. Viele Menschen hasten vorbei, die meisten schauen hin, etliche bleiben stehen und lesen: Mahsa Amini. Der Name einer jungen Frau, darüber ihr Foto. Sie erfahren, dass diese 22-Jährige tot ist. Seit knapp drei Wochen, unter nicht geklärten Umständen im Iran ums Leben gekommen. Ihr Tod hat im Land bislang so nicht gekannte Proteste ausgelöst. Hunderttausende sind auf der Straße.
In Düsseldorf demonstriert Andisheh Karami dagegen ganz allein. Aber nicht weniger auffällig, unüberhörbar, obwohl sie keine Parolen schreit und nur sehr leise spricht. Dabei wischt sie sich immer wieder Strähnen des dunklen Haares aus dem sehr ernsten Gesicht, macht Pausen, denkt nach, spricht weiter, mit ruhiger Stimme. Und ich höre zu und bemerke: Sie hat, wenn überhaupt, nur ein oder zweimal höflichkeitshalber für ein, zwei Sekunden gelächelt. Am Ende fehlen mir die Worte. Was soll ich zu dem sagen, was diese Frau erlebt hat und jetzt tut? Ich fühle Wut über den Terror, der im Namen des Islam verübt wird, und Mitleid mit den Menschen im Iran, die das seit Jahrzehnten erleiden. Vor Andisheh Karami, 38, die das hier anprangert, kann ich nur das empfinden: großen Respekt.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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