“Emma“ attackiert Strack-Zimmermann

Die Zeitschrift von Alice Schwarzer bezeichnet die FDP-Europaabgeordnete als „Sexist man alive“ und prangert damit ihr Pro-Ukraine-Engagement an. Die Kommentare auf verschiedenen Plattformen zeigen Unverständnis und Abscheu – vor allem von weiblichen Beobachtern.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 29. Oktober 2024
Marie-Agnes Strack-Zimmermann vom Magazin Emma zum Sexist Man Alive gewŠhlt
Das Magazin "Emma" kürt Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum diesjährigen "Sexist Man Alive".

Christian Lindner wurde von „Emma“ so tituliert, der Papst, der Rapper Kollegah, Jan Böhmermann und Sascha Lobo auch. Sie alle wurden vom Magazin als „Sexist Man Alive“ beschrieben. Wobei das Wort „Sexist“ – eigentlich müsste es „Sexiest“ heißen – bewusst falsch geschrieben wurde, denn es geht im Grunde stets um den Vorwurf des Sexismus.

Nun also hob man erstmals eine Frau in diese Position: Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Liberale aus Düsseldorf, seit einigen Monaten Abgeordnete im EU-Parlament, ist offenbar ins Visier des Blattes und vor allem von Herausgeberin Alice Schwarzer geraten. Die hatte sich im Februar 2023 gemeinsam mit Sahra Wagenknecht in Berlin auf die Bühne gestellt und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine demonstriert. Wie Wagenknecht ist auch die Kölner Journalistin der Meinung, der Krieg müsse durch Verhandlungen beendet werden. Mehr Waffen brächten nur mehr Tod und Verderben.

Dass Strack-Zimmermann das anders sieht, sagt und beweist sie seit dem Überfall Russlands auf das Nachbarland. Sie trommelt für mehr Unterstützung, ist wegen ihrer Forderung nach Freigabe der weitreichenden Waffe Taurus über Kreuz mit dem Kanzler und will selbst die Unterstützung durch Nato-Soldaten nicht ausschließen. Zuletzt hatte sie mehrfach ihre Position bekräftigt.

Maverick aus Düsseldorf
Für „Emma“ Grund genug, nun mit großem Kaliber auf die Politikerin zu schießen. In der Ausgabe November/Dezember attackiert man „Maverick aus Düsseldorf“ frontal. Immerhin klingt in dem Text noch an, dass die Liberale im Grunde dem Ideal des Magazins entspricht. Da heißt es: „Sie ist eigentlich ein Traumfall für Emma. Ein wahres feministisches Role Model. Mutter, Kinderbuch-Vertreterin im Ruhestand – und heute berühmt-berüchtigte Spitzenpolitikerin. Vor allem aber ist sie ein Paradefall gegen die grassierende Transideologie. Denn diese Frau beweist, dass Frau weder den Vornamen wechseln, noch Hormone schlucken, geschweige denn sich die Brüste abnehmen lassen muss, um ein ganzer Kerl zu sein. Und was für einer!“

Das Blatt nimmt die Optik der FDP-Frau aufs Korn: „Die Helm-Frisur sitzt, das Feindbild auch. Mit Ray-Ban-Brille und hoch­gestelltem Kragen ist sie allzeit bereit zum Abheben: unsere „Eurofighterin“ (Wahlslogan FDP). Ganz wie ihr offensichtliches Vorbild Tom Cruise (als Kampfpilot „Maverick“ in „Top Gun“). Der hatte es auch auf russische MiGs abgesehen. Im Cockpit hockt sie wie er. Zwei, die weder Tod noch Teufel fürchten. Take my breath away. StrackZi oder auch Flak-Zimmermann lässt sich nur zu gern in der Danger Zone ablichten: beim Truppen­besuch, bei Wehrübungen oder eben beim Flug im Eurofighter. „Top-Gun-Feeling pur“ tönte sie nach ihrem Rundflug beim Luftwaffengeschwader 31 in Nörvenich auf Social Media. Kosten: rund 80.000 Euro. Bezahlen? Wir.“

Die bereits vielfach gemachte Unterstellung einer persönlichen Bereicherung der „krawalligen Düsseldorferin“ durch die Rüstungsindustrie fehlt ebenfalls nicht: „Der Verein Lobbycontrol kritisierte die Mitgliedschaft von Strack-Zimmermann beim „Förderkreis Deutsches Heer“ sowie der „Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik“ – zwei Organisationen, die der Rüstungsindustrie sehr nahe­stehen. Und dann auch noch ihre ört­liche Nähe zu Rheinmetall in Düsseldorf und Thyssenkrupp in Essen.“

Kurz nachdem das bekannt wurde, konterte Strack-Zimmermann bei X: „Ich fühle mich sehr geehrt und nehme diese Auszeichnung an. Wann erfolgt die Übergabe? Dass sich ein ewig gestriges Blatt wie Emma so an mir abarbeitet, zeigt, dass ich auf dem politisch richtigen Weg bin. Beweist die Auszeichnung doch auch den tiefen intellektuellen Abstieg von Alice Schwarzer, die heute ausgerechnet das Leid von Frauen durch Kriegsverbrechen negiert, statt ihnen zu helfen.“

Prompt folgte die Antwort der Redaktion, Terminvorschläge zwecks Entgegennahme der Auszeichnung in der Kölner Redaktion lege man bald vor.

Liest man das Echo in den Kommentarspalten verschiedener Plattformen, ist dieser Schuss für „Emma“ allerdings zum Rohrkrepierer geworden. Fast ausschließlich Frauen, rund 50, nehmen dort Stellung, und ihre Einschätzung pendelt zwischen peinlich und widerlich. Übel genommen wird dem Magazin, sich so auf die Optik der Politikerin zu konzentrieren. Alice Schwarzer, der man durchaus anfängliche Verdienste im Kampf für die Gleichberechtigung der Frau zugesteht, wird unterstellt, aus rein persönlichen Motiven gegen Strack-Zimmermann ins Feld zu ziehen.

Treffen mit Sylvia Pantel
Zu einer anderen Düsseldorferin hat die Herausgeberin ein offenbar entspannteres Verhältnis: zur Ex-Bundestagsabgeordneten und Ex-Christdemokratin Sylvia Pantel, die inzwischen bei der Werte-Union von Hans-Georg Maaßen andockte. Zum Treffen der beiden heißt es in einer Mitteilung der Werte-Union: „Die Veranstaltung „Heroica“ in Erfurt, ein Treffen deutscher Powerfrauen, die hier als „Heldinnen“ gefeiert wurden. Das führte auch zu ungewöhnlichen Treffen, so lernte Werte-Union-NRW-Chefin Sylvia Pantel aus Düsseldorf, Geschäftsführerin der „Stiftung für Familienwerte“, die Mutter der Emanzipationsbewegung Alice Schwarzer (EMMA) kennen. Und nicht nur das: Die Damen verstanden sich prächtig und tauschten Telefonnummern aus.“ Zitat Ende.

„Emma“, maßgeblich auf den Weg gebracht von Alice Schwarzer, erschien erstmals 1977, damals, so der Untertitel, als Zeitschrift „Von Frauen für Frauen“. Die Startlauflage lag nach eigenen Angaben bei 300.000 Stück. Heute hat das Blatt noch eine Auflage von rund 27.000 und kommt nur noch alle zwei Monate auf den Markt. Herausgeberin und Chefredakteurin ist nach wie vor Alice Schwarzer.


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