Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
Drei, die die FDP in Zukunft prägen: Verkehrspolitiker Felix Mölders (Zweiter von links), Parteichef Moritz Kracht (Zweiter von rechts) und der voraussichtlich nächste Fraktionsvorsitzende Mirko Rohloff (rechts).

Die neue FDP: Männlich, jünger, nah am Zentrum der Macht

Die Liberalen in Düsseldorf haben ihre Liste für den Stadtrat aufgestellt. Damit ist klar, wer die Fraktion nach Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Manfred Neuenhaus prägen wird. Viele von ihnen stehen für den Übergang – und einer für die große Hoffnung.
Veröffentlicht am 4. November 2024

FDP-Parteitag, drittletzte Reihe: Dort sitzen nebeneinander Manfred Neuenhaus, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Monika Lehmhaus. Das Trio hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten die Politik der FDP im Düsseldorfer Stadtrat wesentlich bestimmt. An diesem Samstag aber haben sie fast nichts zu tun.

Strack-Zimmermann geht am Anfang einmal ans Rednerpult und schlägt ihren Nachfolger für den Bundestags-Wahlkreis im Düsseldorfer Norden vor. Im Laufe des Tages wird sie ab und zu gebeten, für ein Foto zu posieren. Und nach gut dreieinhalb Stunden Parteitag bricht ein Zwischenruf aus ihr heraus. Ein Parteimitglied moniert, dass die Ortsverbände der Partei bei der Liste für die Ratswahl nicht gleichmäßig berücksichtigt wurden. „Es geht um Qualität“, schallt es daraufhin von weit hinten.

Die drei aus der drittletzten Reihe haben ihr Ratsmandat abgegeben beziehungsweise werden 2025 nicht wieder kandidieren. Die Nachfolge in der Partei regelten sie im März, nun geht es um die Fraktion nach der Kommunalwahl im September nächsten Jahres. Die Wünsche der bisherigen Spitze sind bekannt, der Parteitag wird zeigen, was die Düsseldorfer FDP davon noch annimmt.

Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
Sie verfolgten den Parteitag im Hintergrund: Monika Lehmhaus, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Manfred Neuenhaus.

Trotz aller Vorbereitung und geordneten Übergabe entstehen in einer solchen Zwischenphase meist Lücken, in die bisher weniger beachtete Mitglieder drängen. Das zeigt sich beim Parteitag mehrfach. Gegen die bisherigen Ratsleute kandidieren wiederholt andere Bewerber:innen. Und entgegen der bei den Liberalen weit verbreiteten Neigung zum ziemlich zügigen Gang durch die Tagesordnung gönnt sich die Partei eine einstündige Abstimmung über die Frage, wie sie denn über die Ratsliste abstimmen möchte. Ein Wahlgang muss dabei auch noch wiederholt werden. Jemand hatte versucht, eine „nennenswerte Zahl“ von Stimmzetteln abzugeben, wohl um das Ergebnis in seinem Sinne zu beeinflussen.

Am Ende bleiben von diesen Rebellionsversuchen nur Erinnerungen. Die Abstimmungsresultate entsprechen den Wünschen der bisherigen Spitze und des Machtzentrums von Partei und Fraktion. Bisweilen geht das Ganze aber ganz schön knapp aus.

Ergebnisse
Für die beiden Bundestagswahlkreise nominierten die Liberalen den Parteivorsitzenden Moritz Kracht (116 Ja-Stimmen/24 Nein-Stimmen) und Lida Azarnoosh (112 Ja/23 Nein).

Als OB-Kandidaten stellte die FDP den Ratsherrn Ulf Montanus auf. Auf ihn entfielen 122 Ja- und 16 Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen.

Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
Der OB-Kandidat der FDP: Ulf Montanus

Auf die ersten zehn Plätze der Reserveliste für die Wahl zum Stadtrat kamen: Mirko Rohloff, Christine Rachner, Ulf Montanus, Sebastian Rehne, Felix Mölders, Christoph Schork, Piero Alessio, Linda Möller, Daniel Zwingmann und Carina Weinmann. Da die FDP voraussichtlich keine Direktmandate holen wird, werden die Ratsmandate entsprechend dieser Liste vergeben. Offen ist nur, wie viele Sitze die Liberalen holen.

Politische Lage
Mit dem sehr guten Ergebnis bei der Kommunalwahl 2020 (9,2 Prozent) sicherte sich die FDP acht Sitze im Stadtrat. Bei der Europawahl im Juni zeigte die Partei, dass sie dem Bundestrend in Düsseldorf trotzen kann. Dennoch müssen die Liberalen durch den Abschied ihrer prominentesten Gesichter damit rechnen, weniger als diese acht Sitze zu holen. Das war ein Grund für das ausführliche Ringen um die vorderen Listenplätze.

Die Fraktion ist im Moment Teil der Opposition. Sie sorgte aber zum Beispiel bei der Frage der neuen Oper zusammen mit CDU und SPD für die Mehrheit. Diese Konstellation ist für die Zeit nach der Kommunalwahl eines der wahrscheinlichsten Bündnisse, wie ich in diesem Text beschrieben habe. Für die FDP ist es aus meiner Sicht die einzige realistische Chance, wieder dauerhaft mitzubestimmen.

Das neue Führungspersonal
Spitzenkandidat und damit sehr wahrscheinlich nächster Fraktionsvorsitzender wurde Mirko Rohloff (83,7 Prozent Ja-Stimmen). Trotz seiner erst 39 Jahre gehört er dem Stadtrat schon seit 2009 an. Er ist von jeher ein sehr fleißiger Unterstützer von Fraktion und Partei, hat sich durch viele Ausschüsse und kleinere Aufsichtsratsmandate nach oben gearbeitet. Von Manfred Neuenhaus lernte er in den vergangenen Jahren, wie man organisatorisches Talent strategisch nutzt und eine Fraktion führt.

Seine Bewerbung beim Parteitag war die stärkste Rede, die ich bisher von ihm gehört habe. Gut im Vortrag, sicher in den Zahlen, mit Lachern an den richtigen Stellen und dem nötigen Schwung für viel Applaus und sogar Bravo-Rufe. Offen blieb zugleich die Frage, was Mirko Rohloff antreibt. Gewohnheit, Routine und Selbstzweck sind das eine, aber ein persönliches inhaltliches Ziel, das ihn bewegt, ist für mich nicht auszumachen. Das kann es auf Dauer schwer machen, Menschen mitzureißen.

Christine Rachner steht zwar nun auf Listenplatz zwei, wurde aber wie bei der Parteivorstandswahl im März von erheblichen Teilen der FDP abgestraft. Lediglich 63,4 Prozent der Stimmberechtigten votierten für sie. Hätte sie jemand herausgefordert, wäre die Gesundheitspolitikerin vermutlich im nächsten Rat nicht mehr dabei. Aktuell scheint das schwierige Verhältnis zwischen der Ärztin und der Partei nicht heilbar.

Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
FDP-Gesundheitsexpertin Christine Rachner

Als OB-Kandidat hat Ulf Montanus einen sicheren Listenplatz bekommen. Alles andere wäre ein seltsames Signal gewesen. 87,5 Prozent der Stimmen rundeten das Ganze ab. Der Moderator und Schauspieler ist der Mann und das Gesicht der Gegenwart – mit jetzt 63 Jahren aber sicher nicht der Liberale der Zukunft.

Sebastian Rehne ballte nach seiner Wahl die Fäuste. Eine eigentlich seltsame Geste für Listenplatz vier, aber angesichts der Minuten zuvor nachvollziehbar. Der 50-Jährige war der erste mit einer Gegenkandidatur. Im ersten Wahlgang erhielt er 70 Stimmen, seine Herausforderin Daniela Masberg nach einer fröhlichen Bewerbungsrede 71. Das waren zwar mehr, aber angesichts der Enthaltungen keine absolute Mehrheit, wie sie in der ersten Runde erforderlich ist.

Also ging es in einen zweiten Wahlgang, der mit 73:63 für Rehne endete. Die Rebellionsversuche hätten um ein Haar einen Ratsherrn aus dem Rennen genommen, der sich unter anderem als Digitalisierungsexperte und bei der Arbeit am Wahlprogramm für 2025 verdient gemacht hatte.

Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
Ratsherr Sebastian Rehne nach seiner Nominierung

Felix Mölders stellte sich nicht wie die meisten anderen am Rednerpult vor. Er nahm das Mikrofon aus dem Ständer, trat neben das Pult und sprach dort frei – vor allem über sein Spezialgebiet, die Verkehrspolitik. Der 29-Jährige, dem kein akuter Mangel an Selbstbewusstsein nachgesagt werden kann, hatte ebenfalls eine Gegenkandidatin. Das Ergebnis lautete am Ende 100:37 für ihn.

Programm
Die Liberalen sammeln nach eigenen Angaben seit einem Jahr Ideen für das Wahlprogramm 2025. Der Entwurf, der daraus entstanden ist, umfasst 124 Seiten. Ich gehe davon aus, dass diese nun auf eine magenfreundliche Länge reduziert werden.

Die Bewerbungsreden beim Parteitag gaben einen Eindruck, welche Schwerpunkte die FDP dabei voraussichtlich setzt:

  • In der Verkehrspolitik will die Partei alle Mobilitätsformen gleichbehandeln: Sie fordert mehr Park & Ride und mehr Quartiersgaragen, eine Stärkung der Rheinbahn sowie ein „ideologie- und lückenfreies Radnetz“.
  • Die FDP hat sich viele Jahre als Bewahrerin der Schuldenfreiheit präsentiert und wird das Thema in angepasster Form wieder spielen. Angesichts der hohen Steuereinnahmen Düsseldorfs könne es nicht sein, dass die Stadt auf ihr Erspartes zurückgreifen muss, um einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Deshalb will man Aus- und Aufgaben auf Sparmöglichkeiten untersuchen.
  • Ein weiterer liberaler Evergreen, der beim Parteitag mehrfach zur Sprache kam, ist die Verlängerung der Rheinuferpromenade. Die Flanierstrecke soll bis zur Rheinterrasse reichen.
  • Die Digitalisierung der Verwaltung wäre ein wichtiger Service für die Bürgerinnen und Bürger. Dabei hat die FDP den Oberbürgermeister nach eigener Einschätzung „unter Zugzwang gebracht“, das Tempo reiche aber immer noch nicht.
  • Zwischen 1999 und 2020 war die liberale Fraktion immer Teil der Mehrheit im Stadtrat. Eine Rückkehr in eine solche „Regierungsverantwortung“ ist ebenfalls eines der großen Ziele für die Kommunalwahl.

Fazit
Auch wenn erst im September 2025 gewählt wird, ist bereits jetzt klar, was die FDP-Fraktion im nächsten Stadtrat charakterisiert:

  1. Es sind vor allem Männer. Sollten die Liberalen sieben Sitze bekommen, wäre nur ein Mitglied weiblich.
  2. Der Altersdurchschnitt sinkt im Vergleich zur jetzigen Fraktion merklich. Das signalisiert mindestens statistisch, dass man sich erneuert hat.
  3. Die Beteiligten bringen reichlich Erfahrung in der Ratsarbeit und Fachwissen in ihren Spezialgebieten mit. Die Kehrseite dessen ist allerdings, dass die neue FDP wenig Menschen hat, die Leute für sich einnehmen, begeistern, mitreißen können.

An dieser Stelle möchte ich den Blick noch einmal auf Listenplatz fünf lenken. Der Auftritt von Felix Mölders hat gezeigt, dass die FDP ein großes politisches Naturtalent in ihren Reihen hat, das Fachwissen mit den entscheidenden weichen Faktoren verbindet. Der Mann stellte sich unter anderem als „leidenschaftlicher Motorradfahrer“ vor. Die letzte Person, die das bei den Liberalen über sich sagte, hieß Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Parteitag der Düsseldorfer FDP im November 2024
Felix Mölders bei seiner Bewerbungsrede für die Ratsliste.

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