Alte Liebe rostet nicht

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU in Nordrhein-Westfalen hat eine neue Vorsitzende: Angela Erwin. Ihr Vorgänger im Amt war Ministerpräsident Hendrik Wüst. Dass sie ihm nachfolgt, ist Teil eines Plans, zu dem auch ein weiterer Düsseldorfer Politiker gehört. Die drei kennen sich lange.
Veröffentlicht am 21. Februar 2022
Fraktionsklausur
Angela Erwin und Hendrik Wüst bei einer Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion im Oktober. Foto: Ralph Sondermann

Ministerpräsident Hendrik Wüst arbeitet daran, seine Machtposition in der NRW-CDU zu festigen, auch für die Zeit nach der Landtagswahl im Mai. Er bastelt sich ein Gefüge aus Vertrauten, die er seit gemeinsamen Zeiten aus der Jungen Union kennt. Beispielhaft dafür stehen zwei Düsseldorfer Christdemokraten, die ihm Rückhalt aus der Landeshauptstadt sichern: Angela Erwin und Thomas Jarzombek.

Angela Erwin

Ihre derzeitige politische Situation
Die 41-jährige Anwältin holte 2017 für die CDU das Landtags-Direktmandat im Wahlkreis Düsseldorf III, das sind die Stadtteile im südlichen Zentrum und im Linksrheinischen. Diesen Erfolg würde sie gern im Mai wiederholen. Dass sie das schafft, ist nicht sicher. Die Grünen sind in den vergangenen Jahren in den genannten Innenstadtbezirken sehr viel stärker geworden.

Wie Wüst ihr geholfen hat
Erwin wurde Mitte Februar zur NRW-Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU gewählt, als Nachfolgerin von Hendrik Wüst. Nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten konnte er dieses Parteiamt nicht weiter ausüben. Dass er dabei geholfen hat, Erwin zur Vorsitzenden zu machen, steht fest. Sie war seine Wunschkandidatin. Dass Erwin als MIT-Landesvorsitzende einen guten Listenplatz bekommt, der ihr die Rückkehr in den Landtag auch bei einer Niederlage im Wahlkreis sichert, hat sich am Wochenende gezeigt. Erwin wurde am Samstag auf Platz 19 der Landesliste gewählt. Zur Orientierung: Aktuell hat die CDU 72 Sitze im Landtag.

Was das für sie bedeutet
Mit dem neuen Amt gehört Erwin noch stärker zum inneren Kreis des neuen Ministerpräsidenten und könnte, falls er die Wahl gewinnt, künftig auf einer hohen Ebene in NRW eine größere Rolle spielen. Dass sie keine unternehmerischen Erfahrungen hat, scheint bei ihrer Wahl zur MIT-Chefin unerheblich gewesen zu sein. Sie ist allerdings Mitglied einer wirtschaftlich einflussreichen Familie: Der Bruder ihrer Mutter, Norbert Schüßler, ist Chef von Schüßler-Plan, einem der erfolgreichsten Unternehmen in der Baubranche. Die Firma wickelt seit Jahrzehnten weltweit große Bauwerke ab, organisiert Brücken-, Tunnel- und Hochhaus-Bauten. In Düsseldorf war Schüßler-Plan maßgeblich beim Bau der Arena und des Rheinufertunnels beteiligt.

Als Anwältin trat sie nach außen kaum in Erscheinung. Anfangs arbeitete sie in der Kanzlei Bird & Bird, dann bei Mütze Korsch, zurzeit bei Hoffmann Liebs.    

Warum Wüst Angela Erwin unterstützt
Die beiden kennen, schätzen und vertrauen einander seit langem. Vor knapp zehn Jahren waren die beiden ein Paar. Man trennte sich später ohne großes Aufsehen, beide haben inzwischen neue Partner und Familie. Die Trennung hat die politische Partnerschaft offenbar nicht ge- oder gar zerstört. Wüst weiß daher den wichtigen Posten an der Spitze der MIT mit einer politischen Partnerin besetzt, die auf seiner Linie ist und ihm die Unterstützung dieses wirtschaftlich orientierten Flügels der CDU sichert.

Thomas Jarzombek

Seine derzeitige politische Situation
Jarzombek hat bei der Bundestagswahl zwar sein Direktmandat im Wahlkreis Düsseldorf-Nord erneut direkt geholt, aber er hat Stimmenverluste erlitten. Danach lief es für den Christdemokraten aus Düsseldorf nicht optimal. Sein Wunsch, Vorsitzender der MIT Deutschlands zu werden, erfüllte sich nicht, obwohl Wüst sich sehr bemühte, ihn durchzusetzen. Es siegte Gitta Connemann aus Niedersachsen. Im Dezember wurde Thomas Jarzombek immerhin zum Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gewählt. Damit ist er Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Wie Wüst ihm geholfen hat
Jarzombek wurde auf dem jüngsten CDU-Parteitag – bei dem Friedrich Merz neuer Vorsitzender wurde – in den erweiterten, 26-köpfigen Vorstand gewählt. Es gilt als sicher, dass daran Hendrik Wüst beteiligt war. Der Posten im Bundesvorstand stärkt Jarzombeks Position in Düsseldorf. Dort muss er sich in den nächsten Wochen als hiesiger Parteivorsitzender wieder zur Wahl stellen. Bisher gibt es keinen Gegenkandidaten, mit der Wahl in den Bundesvorstand ist es auch unwahrscheinlicher geworden, dass noch jemand gegen ihn antritt – zumal seine partei-interne Rivalin Sylvia Pantel bei derselben Bundesvorstandswahl das schwächste Ergebnis aller Kandidierenden einfuhr.

Was das für ihn bedeutet
Jarzombek muss in der nächsten Zeit seine Position stabilisieren, um auch bei der Bundestagswahl 2025 erneut als Kandidat aufgestellt zu werden. Sein Ziel ist eindeutig die weitere Karriere in Berlin. Aber wenn die CDU die Landtagswahl im Mai verliert, Wüst also nicht Ministerpräsident bleibt, hat das auch Auswirkungen auf die Christdemokraten, die er gefördert hat. Aus der Rolle des Oppositionsführers heraus kann er weniger Einfluss nehmen als aus der eines Wahlgewinners.

Warum Wüst Jarzombek unterstützt
Es geht um Vertrauen. Wüst war von 2000 bis 2006 Landesvorsitzender der Jungen Union. Stellvertretender Vorsitzender im selben Zeitraum war Thomas Jarzombek. Ab 2005 arbeiteten die beiden noch an einer anderen Stelle zusammen: Beide wurde damals in den NRW-Landtag gewählt. Die beiden kennen einander also gut, der Ministerpräsident weiß, dass er sich auf Jarzombek verlassen kann – und damit den Kreisverband Düsseldorf hinter sich hat, solange Jarzombek dessen Vorsitzender ist.

Auch mit Angela Erwin hat Jarzombek ein über viele Jahre gefestigtes Vertrauensverhältnis. 1999 organisierte Jarzombek den Oberbürgermeister-Wahlkampf ihres Vaters Joachim Erwin. 2014 wurde er Vorsitzender der CDU in Düsseldorf, ein Jahr später übernahm sie einen der beiden Stellvertreterposten.


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