Frau Göbel und ihr Gespür für eine ruhige Hand

Die Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse geht Ende des Jahres in Rente. Anders als drei ihrer Vorgänger schaffte sie nach zwei Amtszeiten einen normalen Abgang. Was hat sie anders gemacht, worin lag ihr Erfolg?
Veröffentlicht am 16. Mai 2023
Bilanzpressekonferenz Stadtsparkasse Düsseldorf 2022
Chefin einer von Männern dominierten Runde: Die Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Karin-Brigitte Göbel mit ihren Vorstandskollegen Stefan Dahm (links, nun ihr Nachfolger) und Michael Meyer. Foto: Andreas Endermann

Vom Ende einer Ära zu sprechen, ist fast immer ambitioniert. Daher sollte man den Personalwechsel an der Spitze der Stadtsparkasse auch nicht so hoch hängen. Aber es ist durchaus eine bemerkenswerte Zäsur, die da gerade stattfindet: Die Vorstandsvorsitzende Karin-Brigitte Göbel geht zum Jahresende in den Ruhestand, ihr folgt der bisherige Stellvertreter Stefan Dahm. Eigentlich nichts Besonderes, aber in diesem Fall doch. Denn Göbel war die erste Frau in Düsseldorf, die diesen Job besetzte. 2016 trat sie ihn an, und sie folgte – natürlich – einem Mann: Die damalige Nummer eins, Arndt Hallmann ging vor dem Ende seiner regulären Amtszeit, nach einem heftigen Streit zwischen ihm und der seinerzeit regierenden Ampel im Rathaus unter Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Dort wollte man mehr Geld aus den Gewinnausschüttungen bekommen, als Hallmann zu geben bereit und nach eigenen Einschätzungen berechtigt war.

Die Beziehung zur Rathausspitze ist für den Chef/die Chefin dieser sehr lokalen Bank extrem wichtig. Schließlich sitzen in ihrem Aufsichtsgremium (Verwaltungsrat) hauptsächlich Kommunalpolitiker, und aufgrund ihrer Struktur ist sie eng mit der Stadt verbandelt. Aber sie steht, anders als manche Politiker denken, keineswegs unter deren Fuchtel: Die Sparkasse gehört, vereinfacht gesagt, den Bürgern der Stadt. Und nicht dem Rathaus. Aber der Verwaltungsrat fällt wichtige Entscheidungen – unter anderem über den oder die Vorsitzende des Vorstands.

Mit Karin-Brigitte Göbel kehrte, jedenfalls nach außen, die Ruhe zur Stadtsparkasse zurück. Dass alles reibungslos abging, ist angesichts der Mentalität der im Rathaus noch bis 2020 agierenden Spitze unwahrscheinlich, aber es schien keinen Streit zu geben. Womöglich ein Merkmal weiblicher Führungsqualität im Umgang mit dem Oberbürgermeister: Kein Gockel-Gehabe, sondern cooles Business, berichten Insider. Der Sparkasse hat das ganz sicher nicht geschadet. Und dass sich Göbel mit dem sehr korrekten Stefan Keller nach dessen Wahlsieg 2020 besser verstanden hat als mit Geisel, gilt als sicher. Von Reibereien ist nichts bekannt.

Mehrere Personen, die in den Jahren mit Karin-Brigitte Göbel zusammengearbeitet haben, bescheinigen ihr ein hohes Geschick nach innen wie nach außen. Selbst den Personalabbau um mehrere hundert Stellen habe sie geräuschlos und im engen Austausch mit den Arbeitnehmervertretern durchgezogen. Man bescheinigt ihr einerseits den Hang zur klaren Kante und Durchsetzungskraft, andererseits auch ein hohes Maß an diplomatischem Geschick. Dass es innerhalb des Vorstands immer voller Frieden abging, ist unwahrscheinlich. Zumal dort auch bis vor kurzem Uwe Baust saß – der damalige Wunschkandidat von Thomas Geisel, den er aber nicht durchsetzen konnte, vor allem weil die Grünen eine Frau und vor allem weil sie Göbel wollten.

Die Zahl der Frauen im Sparkassenvorstand verändert sich nach Göbels Ausscheiden übrigens nicht, denn bereits seit dem 1. Mai ist Henrietta Six Mitglied in diesem Gremium. Sie hat den Bereich Firmenkunden übernommen.  

Dass jeder Wechsel an der Spitze im Sparkassen-Turm an der Berliner Allee mit großer Spannung verfolgt wird, mag auch an den Vorgängern liegen. Die haben nämlich, auch schon vor Arndt Hallmann, jeweils für Schlagzeilen gesorgt:

1. Heinz Martin Humme (wurde 2008 entlassen): Er wurde seinerzeit zum regelrechten Medienstar. Vom damaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin war er von der Commerzbank geholt worden und sollte dem trägen Dampfer Stadtsparkasse mehr Schwung verschaffen. Später fiel er beim mächtigen Mann im Rathaus allerdings in Ungnade. Das hatte womöglich mit hausinternem Fehlverhalten des sinnenfrohen Chefs zu tun, aber auch mit dessen Geschäftsgebaren. Humme, an Glanz und Glamour interessiert, stürzte schließlich über einen Fall, der seinerzeit bundesweit in der Finanz- wie Schicki-Micki-Fachpresse Furore machte. Wegen unklarer Namensrechte verweise ich mal auf Google. Geben sie da mal die Namen Humme und Pooth ein, und Sie werden eine Menge ergötzliches Material finden. Mit Humme musste dessen Vertreter gehen, und auch der an den falschen Stellen umtriebige, von Humme angeheuerte Sprecher des Hauses wurde gefeuert.

2. Peter Fröhlich (bis 2012): Es folgte sozusagen der Retter in der Not. Peter Fröhlich war konservativ bis ins Mark, kam von Sal. Oppenheim aus Köln und hatte sich in weiser Voraussicht schon frühzeitig von Humme distanziert. Also war er unbelastet, und schien der richtige zu sein. Das Image des durch und durch soliden Bankers sprach eindeutig für ihn. Leider kam er mit Erwins Nachfolger im Amt, Dirk Elbers, nicht klar und ging 2012.  Offenbar waren auch die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat, also die der Mitarbeiter der Sparkasse, gegen ihn. Wieso, wurde nie eindeutig kommuniziert. Von ungeschicktem Umgang mit Mitarbeitervertretern war die Rede. Die Folge: Dem Chef wurde mitgeteilt, im Verwaltungsrat gebe es keine Mehrheit mehr für ihn – Abgang Peter Fröhlich.

3. Arndt Hallmann (bis 2016): Wie bei Fröhlich war sein Lebenslauf untadelig, zudem hatte er die für Banker wichtige Attitüde zwischen seriös und weltoffen, ohne anbiedernd zu wirken. Da seine Kompetenz außer Zweifel stand, schienen endlich entspannte Zeiten im obersten Stockwerk der Hauptniederlassung an der Berliner Allee anzubrechen. Das jedoch blieb nur noch so bis zur Mitte der 10er Jahre. Dann verlor Dirk Elbers wegen selbst verursachter Pannen die Wahl gegen den bis dato völlig unbekannten SPD-Kandidaten Thomas Geisel. Den Manager von Ruhrgas hatte die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aus dem Hut gezaubert, und die Düsseldorfer Genossen bejubelten alsbald ihren neuen Hoffnungsträger mit dem schwäbischen Idiom.

Wann es zum ersten Mal zwischen ihm und Arndt Hallmann knirschte, ist nicht bekannt. Aber 2016, also nur zwei Jahre nach der Wahl, warf der Sparkassen-Chef die Brocken hin und ging. Ein Schritt, der ihm wie allen zuvor Gescheiterten durch üppige Übergangsgelder und Aussicht auf eine fürstliche Rente erleichtert wurde. Anders gesagt: Wer aus dieser Position nach Hause geht, muss sich um Geld keine Sorgen machen. Das beruhigt ungemein.

Nach Hallmann kam dann Göbel – und blieb ohne jedes Aufsehen bis heute.


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