Wie ein grüner Vogel zum bekanntesten Tier von Düsseldorf wurde

Sie sind die Punks der Lüfte: bunt, laut und chaotisch. Ihr Federkleid ist leuchtend grün, ihr Gesang fröhlich-schrill, und ihren Flugbahnen scheinen alles andere als gerade Linien zu sein. So passen sie perfekt in eine Stadt, die für den Punk in Deutschland so wichtig war, so wurden sie zum bekanntesten Tier von Düsseldorf.
Wer sie als Papageien bezeichnet, liegt fast richtig. Es handelt sich um Halsbandsittiche, die auch „Kleiner Alexandersittich“ genannt werden. Die wiederum gehören zur Familie der Altweltpapageien und gelten als die am weitesten verbreitete Papageien-Art der Welt.
Ursprünglich kommen die Vögel aus Indien. Dass sie hier so populär wurden, war also keineswegs geplant oder ein natürlicher Lauf der Dinge. Zu den Hintergründen dieser Entwicklung habe ich David Roß interviewt, Vogel-Kenner und Ehrenamtler beim Naturschutzbund Düsseldorf (Nabu):
Wie kamen die Halsbandsittiche nach Düsseldorf und auf die Kö?
Die Mehrheit der Expert:innen geht davon aus, dass man die Vögel zunächst als exotische Haustiere nach Europa und Deutschland brachte. Hier entwischten sie dann ihren Halter:innen und passten sich in freier Wildbahn erstaunlich gut an Umgebung und Wetterbedingungen an. So entstanden in verschiedenen Städten grünfedrige und laute Kolonien.
Wieso schaffen sie es so lange zu (über)leben?
Halsbandsittiche können ein hohes Alter erreichen. Laut David Roß leben sie oft so lange, dass sie die dritte oder vierte Generation ihrer Nachfahren noch kennenlernen. Das hat vor allem drei Gründe:
1. Sich an die hiesigen Bedingungen anzupassen, hatte körperliche Folgen: Die heute in Düsseldorf lebenden Halsbandsittiche sind größer als ihre indischen Verwandten und haben längere Flügel, so dass sie besser gegen Kälte geschützt sind.
2. Die Tiere schützen sich zudem gut vor Flugfeinden. „Im Vergleich zu anderen Vogelarten können Halsbandsittiche relativ gut unterscheiden, ob es beispielsweise ein Wanderfalke ist, der über ihnen schwebt, oder ein anderer Vogel“, sagt David Roß. Sehen sie einen Greifvogel, fliegen sie nicht nach oben weg, so wie es andere Arten tun, und landen direkt im Schnabel ihres Feindes. Sie zischen vielmehr mit gewaltiger Geschwindigkeit Richtung Erde – ohne auf dem Asphalt aufzuschlagen. Sie bremsen rechtzeitig ab, setzen ihren Flug waagerecht fort und retten sich in den nächsten Schutzort.
3. Halsbandsittiche haben ein sehr gutes Immunsystem, das sie durch ihre – ja, man kann sie als gesund und ausgewogen bezeichnen – Ernährung aufrechterhalten. Tauben stürzen sich auf Essensreste aller Art und verleiben sich auch den runtergefallenen Döner ein. Die Sittiche lassen diese liegen und fressen lieber Pflanzenteile, Früchte und Knospen. Insbesondere im Südpark kann man die Vegetarier dabei beobachten, wie sie sich große bunte Blüten von eher abgelegenen Bäumen heraussuchen.
Wie viele Halsbandsittiche leben in Düsseldorf?
Während die Vögel tagsüber viel unterwegs sind und Düsseldorf auch mal verlassen, sammeln sie sich abends an vertrauten Stellen: an der Königsallee und in anderen Teilen der Stadt. Fünf Schlafplätze sind bekannt. Und diese ermöglichen eine regelmäßige Zählung der Population. Im Juli 2024 wurden rund 4300 Halsbandsittiche erfasst.
Zwischen den Kolonien in der Region gibt es einen regen Austausch. „Die Papageien treffen sich entlang des Rheins von Bonn bis Krefeld. Nicht jeder fliegt wieder zurück zu seinem alten Schlafplatz oder zu seinem alten Schwarm. Es kann also sein, dass ein Weibchen aus Düsseldorf nach Krefeld fliegt und dort Mutter wird oder ein Männchen aus Bonn nach Düsseldorf kommt und hier Nachwuchs zeugt“, sagt David Roß.
Welche Feinde oder Konkurrenten haben die Kö-Vögel?
Zu den natürlichen Feinden der Halsbandsittiche gehören neben dem Menschen Greifvögel, Katzen und Füchse. Ein weiterer Konkurrent des Kleinen Alexandersittichs ist der Große Alexandersittich. Der ist ebenso leuchtend grün, hübsch anzusehen, nur etwas größter in seiner Art.
So schön das fürs Auge sein mag, der Halsbandsittich findet es richtig doof. Denn auf einmal beginnt ein größerer Kampf um Futter und Brutplätze. Wenn Sie an den Rheinauen spazieren gehen und denken, dass Sie Halsbandsittiche sehen, werden es höchstwahrscheinlich Große Alexandersittiche sein. Dort lassen sich diese am liebsten nieder. Sie unterscheiden sich von den Halsbandsittichen durch rote längliche Flecken auf der Schulter.
Welche Probleme gibt es mit Halsbandsittichen?
Auch hier stimmt der Punk-Vergleich: Lärm und Hinterlassenschaften. Angesichts der stetigen Fortpflanzung wachsen die Scharen und mit ihnen der Pegel der Sittich-Rufe. Die End-Produkte der guten Ernährung wiederum sind auf vielen Bänken zu sehen.
Ob Düsseldorfs bekanntestes Tier nun Fluch oder Segen für die Stadt ist, bleibt also offen. Fest steht aber, dass die Stadt ohne sie weniger bunt und weniger lebendig wäre. Auf der Kö würde man sich ohne sie bloß aufs Shoppen konzentrieren und nicht ab und zu mal in die Bäume gucken.
Weiterführende Informationen
Verschiedene Vogelrufe können Sie bei Interesse im Internet „vorhören“, um sie in der Natur zu erkennen. Hilfe finden Sie auf einer Internetseite des Nabu oder auf der Homepage für Deutsche Vogelstimmen.
Sollten Sie beim Spazierengehen in Düsseldorf einen verletzten Halsbandsittich finden, der Hilfe benötigt, dann können Sie sich entweder an eine Tierärztin oder einen Tierarzt wenden oder den Düsseldorfer Tiernotruf kontaktieren: 0174 7703000.
Weitere Bilder von den Halsbandsittichen in Düsseldorf


