Wie eine Hundeattacke den Alltag einer jungen Frau zerstörte
Es ist der frühe Morgen eines Maitags 2022. Auf den Feldwegen in Düsseldorf-Angermund ist eine junge Familie gerade auf dem Weg zum Kindergarten. Da sieht der Vater, wie ihm eine blutüberströmte Frau entgegenläuft. Als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr ist er darauf trainiert, was nun zu tun ist. Er erkennt die Kopfverletzung, versorgt die Wunden. Was genau passiert ist, versteht er nur bruchstückhaft. Immer wieder ruft die Frau etwas von Hunden und dass sie angegriffen worden sei. Sie steht merklich unter Schock.
So schildert es der Mann Ende November 2024 in Saal E.123 des Düsseldorfer Landgerichts. Hier findet der Berufungsprozess gegen eine 40-jährige Hundebesitzerin aus Ratingen statt. Ihre Hunde waren es, die damals ohne erkennbare Vorwarnung auf die heute 36-jährige Joggerin losgegangen waren. Das Amtsgericht hat die Ratingerin infolgedessen wegen fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen verurteilt und den Entzug des verbleibenden ihrer beiden Belgischen Schäferhunde verfügt. Der andere ist zu diesem Zeitpunkt bereits krankheitsbedingt eingeschläfert worden. Die Angeklagte hat dagegen Revision eingelegt, wohl vor allem, um ihren Hund behalten zu dürfen.
„Es gab keine Auffälligkeiten“, sagt die 40-Jährige. Ihre beiden Hunde habe sie jeweils im Alter von acht Wochen bereits kennengelernt, hatte sie jeden Tag mit im Büro. „Jeder hat sie gemocht.“ Und doch wurde zumindest einer von beiden im Mai 2022 zur gefährlichen Waffe. Vor Gericht schildert die Hundebesitzerin es so: Den Rüden habe sie am Auto gebürstet, die Hündin sei in der Nähe herumgelaufen. Plötzlich habe sie ein Kläffen der Hündin und einen erschreckten Ausruf des späteren Opfers gehört. Der Rüde sei losgelaufen. Das nächste, was sie sah, seien eine am Boden liegende Joggerin und ihre über ihr stehenden Hunde gewesen. Die habe sie noch eingefangen, dann sei die Frau weggewesen. „Ich habe sie nicht mehr gesehen.“ Dass sie sie nicht mehr gesucht habe, sei wohl ein Fehler gewesen.
Belgische Schäferhunde besitzen nicht den Ruf, besonders gefährlich zu sein. Sie gelten als treue Begleiter des Menschen, als lebhaft, intelligent und lernfreudig. Aber sie verfügen eben auch über Temperament und Kräfte, die es zu bändigen gilt – und werden nicht ohne Grund zur Beaufsichtigung von Tierherden, der Überwachung von Grundstücken und im Polizeidienst eingesetzt. Was geschehen kann, wenn dabei etwas schiefläuft, musste im vergangenen Jahr auch eine Rentnerin in der Ruhrgebietsstadt Hattingen erfahren. Sie wollte nur einen Brief aus dem Auto holen, als sie ein Polizeihund attackierte und halb skalpierte. Der Polizeibeamte wurde später wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt, der Belgische Schäferhund außer Dienst gestellt.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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