Explosion auf der Kirmes in Düsseldorf.
Sekunden nach der schweren Explosion steigt eine Rauchwolke über der Kniebrücke nach oben. Viele haben da noch nicht begriffen, was passiert ist. Foto: David Young

Nach dieser Explosion muss Düsseldorf seine Kirmes neu denken

19 Verletzte durch Feuerwerkskörper, darunter mehrere Kinder mit schweren Brandwunden. Etliche Straßen bis in die Innenstadt von tausenden Autos verstopft: Das ist die Bilanz vom Freitagabend, der sonst der Höhepunkt des Volksfestes ist. Anlass genug, sich über das Gesamtkonzept Gedanken zu machen.
Veröffentlicht am 21. Juli 2025

Als Schützen-Chef Andreas-Paul Stieber am Sonntagmittag vor die Kameras tritt, zittert seine Stimme. Er muss erklären, wie die Schützen auf diesen Unfall beim Feuerwerk schauen. Ein paar Zettel in der Hand scheinen ihm Halt zu geben. Der Mann, in seiner politischen Funktion sonst um keinen lauten Spruch verlegen, ringt um Worte. Er weiß, jedes kann und wird auf die Goldwaage gelegt werden.

In diesem Augenblick ist ihm klar: Er und sein Verein, die St. Sebastianus Schützen von 1316, tragen die Verantwortung für das, was passiert ist. Sie sind – was vielen nicht klar ist – Veranstalter der Kirmes, und damit des Feuerwerks, das jetzt in die Schlagzeilen geriet. Der entscheidende Satz Stiebers kommt zum Ende seines Statements. Man werde besprechen, ob man dieses Spektakel weiter in dieser Form anbieten könne, sagte er.

Die Antwort ist eigentlich klar: Lasst es! Sowohl zum Kirmes-Auftakt als auch vor dem Feuerwerk wurde eine fulminante Drohnen-Show gezeigt. Sie kam gut an, die Menschen waren begeistert von der Präzision der Bilder am Himmel. Man sollte diese Chance nutzen, und künftig auf die nicht krachende, nicht stinkende und kein Tier schockierende Variante setzen. Dass dabei nichts an falscher Stelle explodieren kann, kommt aktuell als bitteres Argument hinzu. Näheres zur Drohnen-Show habe ich hier beschrieben. Dass das Thema so schnell so aktuell werden würde, habe ich da nicht geahnt.

OB Keller sieht Feuerwerk nun skeptisch
Die Diskussion ist jedenfalls im vollen Gange. Bereits am Samstagmorgen hat Oberbürgermeister Stephan Keller erklärt, die Frage nach einer Fortführung des Feuerwerks „liegt auf dem Tisch“. Beantworten möchte er sie aber erst nach genauer Untersuchung der Unfallursache. Von der SPD und den Grünen kommen ähnliche Signale. Die CDU hat vor einigen Wochen mit ihrem Wahlprogramm einen Passus beschlossen, der sich allerdings nur auf privates Böllern in der Innenstadt zu Silvester bezieht. Die Union will es verbieten und plädiert für eine zentrale Drohnen-Show.

Natürlich melden sich nun jene, die das althergebrachte Geknalle preisen – aus unterschiedlichen Gründen. Nicht jeder nennt offen seine profit-orientierten Motive. Offenbar spielt bei vielen Emotion eine Rolle. Es sei halt so romantisch, fühle sich besser an als diese Hightech-Show mit Quadrocoptern. Besser? Korrekter wäre wohl: anders. Das jedoch gilt auch für Dampfloks. Sie sind ebenfalls hübsch und haben einen unbestrittenen Nostalgie-Faktor. Dennoch sind sie verschwunden. Wie Pferdekutschen, untergegangen, als das Automobil den Markt übernahm.

Fairerweise ist festzuhalten, dass es in den Jahrzehnten mit echtem Feuerwerk nie nennenswerte Probleme gab, die Sicherheitsstandards waren schließlich hoch. Aber nicht hoch genug, wie wir jetzt gesehen haben. Ähnlich war es seinerzeit auch bei Kunstflug-Darbietungen oder der Love Parade. Verboten oder verlegt wurden sie erst nach Unfällen. Die Folgen der Unfälle waren freilich jeweils unvergleichbar drastischer als jetzt in Düsseldorf.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 10 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Artikel einzeln kaufen (2 EUR)

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen


Lust auf weitere Geschichten?