Der Teil der Bilanz, über den Stephan Keller von sich aus nicht reden wollte

Als der Oberbürgermeister jetzt auf zwei Jahre Amtszeit zurückblickte, war er voll des Lobes über die Stadt und das - auch von ihm - Geleistete. Erst auf Nachfrage schilderte er noch nicht gelöste oder gar nicht lösbare Probleme.
Veröffentlicht am 8. November 2022
Oberbürgermeister Stephan Keller im Stadtrat Düsseldorf
Seit etwas mehr als zwei Jahren ist Stephan Keller (CDU) Chef des Rathauses und leitet die Ratsitzungen. Nun hat er eine Bilanz dieser Zeit gezogen. Foto: Andreas Endermann

Natürlich war die Inszenierung perfekt, der Ort mit Bedacht ausgewählt: Aus der Skylounge des Lindner-Hotels am Seestern hat man aus deckenhohen Fenstern einen perfekten Blick auf Düsseldorf. Von dort kann mal also wohlgefällig auf das schauen, was vom Rathaus aus verwaltet und gestaltet wird. Das tat Oberbürgermeister Stephan Keller dann auch ausgiebig. Immerhin war ihm diese Perspektive neu, weil die Bar erst vor wenigen Monaten eröffnet worden war.

Dass er die zwei Jahre seit seinem Wahlsieg mit reichlich Lorbeeren bekränzte, war zu erwarten. Etwas weniger Weihrauch hätte allerdings auch gereicht, und der Redenschreiber hätte auch etliche Superlative aus dem Manuskript streichen können, zumal es ja tatsächlich einiges an Positivem zu berichten gab: Mehr Fahrradwege sind gebaut worden, es gibt reichlich neue Bauprojekte – auch für Wohnungen – in der Stadt, internationale Investoren zeigen nach wie vor Interesse. Das Bewusstsein ist da für den Klimawandel und das, was man dagegen nicht nur tun kann, sondern auch tun muss. Da ist die Stadt sicher auf einem guten, wenn auch keinesfalls überall schon perfekt glatten Weg.

Viele Millionen sind in den Neu- und Umbau von Schulen geflossen, weitere werden fließen. Klare Kante zeigt man laut Keller auch bei Grundstücksgeschäften: Anders als beim Glasmacherviertel in Gerresheim, das von wechselnden Eigentümern genutzt worden war, um schnelle Millionen zu machen, ziehe man jetzt klarere Grenzen und habe Vorkaufs-Regelungen geschaffen. Mit anderen Worten: Wer besondere Areal in „Gewerbe- und Industriekernzonen“ besitzt, wird die künftig nicht mehr ohne weiteres weiterverkaufen können, sondern muss sie zuerst wieder der Stadt anbieten. Keller: „Wir werden da künftig mitreden.“ Fazit, gezogen vor einer Video-Wand mit beeindruckenden Bildern der Stadt: Wir sind spitze.

Das jedoch stimmt nicht überall. Allerdings kamen in der Rede die sehr präsenten Probleme nicht vor, wurden erfragt:

Flughafen Natürlich sei es nicht hinnehmbar, was man da in den letzten Wochen, vor allem zum Start der Ferien erlebt habe, gab Keller zu. Mehrere Unternehmer hätten ihn kontaktiert und ihm klargemacht, wie schlecht derartig chaotische Zustände seien und dass man nicht hinnehmen wolle, andere Flughäfen nutzen zu müssen, um unzumutbare Wartezeiten zu vermeiden. „Mich haben schon nachts empörte Menschen vom Gepäckband angeschrieben und aufgefordert, endlich was zu tun“, sagte der Oberbürgermeister.

Nun sei man in engen Gesprächen und auf einem guten Weg, gemeinsam mit dem Flughafen Lösungen zu finden. Offenbar setzt der Rathaus-Chef vor allem auf die neue Führung am Airport, die am 1. Dezember ihren Dienst antritt. Auf jeden Fall soll der Flughafen in den kritischen Punkten mehr Eigenverantwortung bekommen. Keller präsentierte dazu ein sehr plastisches Bild: „Der Flughafen ist wie ein Uhrwerk mit vielen Rädchen, die ineinandergreifen müssen. Aber es fehlt der Uhrmacher.“ Den gilt es nun zu finden. Erstmals bestätigte er, wie dramatisch die Lage des Airports in der Corona-Krise war: Die Restrukturierungsmaßnahmen – gemeint sind Entlassungen von Mitarbeitern – seien notwendig gewesen, da ansonsten eine Insolvenz gedroht hätte.

Über das Imageproblem, das durch das Flughafen-Chaos verursacht wurde, habe ich im Juni hier berichtet.

Sicherheit Vor allem mit Blick auf die Altstadt und das Rheinufer räumte Keller ein, sich eine bessere Entwicklung erhofft zu haben. Das sei noch nicht so gut gelaufen, besonders die Kooperation zwischen Polizei und OSD bringe zwar erste Ergebnisse, aber die könnten besser sein. Der Oberbürgermeister machte zudem klar, dass bestimmte Dinge eben nicht in den Griff zu kriegen sind: die Gewaltbereitschaft mancher Besucher, die sich in spontanen Übergriffen ausdrücke. Da habe man wenig Chancen, das zu verhindern. Immerhin: Die gemeinsame Wache am Rathausufer von OSD und Polizei soll bald bis 24 Uhr offen sein. Dass sie derzeit um 20 Uhr schließt, war mehrfach kritisiert worden.

Einen VierNull-Bericht zu diesem Thema lesen Sie hier.

René Benko Der Eigner der Karstadt-Kaufhof-Kette hat zuletzt wieder Schlagzeilen verursacht, weil die Kaufhäuser erneut straucheln. Das betrifft Düsseldorf gleich mehrfach: Es gibt den Kaufhof an der Kö, Karstadt Schadowstraße, das Carschhaus – alles Teile von Benkos Imperium. Außerdem ist immer noch nicht klar, ob der Immobilien-Entwickler zum Zuge kommt, wenn die neue Oper gebaut wird. Er würde dazu gern mit der Stadt kooperieren. Dass man die Vorgänge rund um Benko im Rathaus genau verfolge, ist laut Keller klar. Der Jurist verweist auf bestehende Verträge, die bisher alle erfüllt worden seien. Und die Opern-Entscheidung falle zuerst für den Standort, und dann darüber, mit wem man für dieses Projekt eine Zweck-Ehe eingehe.

Den Bericht über René Benko und einen anderen Baulöwen in der Düsseldorfer Innenstadt lesen Sie hier.

Anwohnerparken Zuletzt hatte Keller Schlagzeilen verursacht, weil er eine Erhöhung der Gebühren für den Anwohnerparkausweis verhinderte. Auf das Thema angesprochen, bekräftigte er nochmals seine Meinung, derzeit den Bürgern derartige Kostensteigerungen nicht zumuten zu können und zu wollen. Gleichzeitig jedoch schilderte er seine Vorstellungen von intelligenter Nutzung vorhandener Flächen. Es liefen derzeit Gespräche mit Supermarktbetreibern, ob deren Abstellflächen nicht nachts für Anwohner genutzt werden könnten. Das seit mit Hilfe moderner Digitaltechnik kein Problem mehr bei Kontrolle und Abrechnung. Wichtig war ihm dieser Satz: „Eine Parkplatzvernichtung ist mit mir nicht zu machen.“  

Dass es dazu bereits intelligente Lösungen gibt, lesen Sie hier.


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