Donnerstag, 03. Juli 2025
 
+ Einfach mal 'ne Tatsache eintragen + Neues Dating-Event: Applaus statt Algorithmus + Die Stadt wird ein bisschen fahrradfreundlicher +
 
  
Guten Morgen ,

neuerdings mag ich es, mit Behörden zu telefonieren. Es hat – verglichen mit Hotline-Telefonaten, wie sie hin und wieder zum Beispiel mit Handy-Dienstleistern fällig sind – Vorzüge.

Nehmen wir das Telefonat, das ich vor wenigen Wochen mit einem Mitarbeiter von Elster führte, dem Online-Finanzamt. Ich hatte meine GmbH aufgelöst, wollte mich als Freiberufler selbstständig machen, versuchte, online eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu beantragen, scheiterte und fragte den Mann an der Elster-Hotline, wie das funktioniert. Er: „Die kriegen Sie beim Zoll.” Ich: „Wie jetzt, Zoll?” Er: „Na, Zoll halt.” Ich: „Muss ich dafür an die holländische Grenze fahren oder was?” Er atmete tief durch angesichts der Tatsache, dass er mit einem unterbelichteten Vollhonk wie mir sprechen musste, und nannte – betont langsam – eine Website, wo ich ganz easy meine Umsatzsteuer-ID bekäme. Vorausgesetzt natürlich, ich besäße das erforderliche Sicherheitszertifikat, das per Briefpost zugestellt würde.

Ich ringe mich dazu durch, solche Gespräche zu mögen, denn immerhin sind sie frei von dieser devoten, manchmal schon glucksenden Firmenhotline-Pseudo-Freundlichkeit, deren einziger Zweck darin besteht, vom Moment der Begrüßung an deeskalierend zu wirken, was logisch ist, denn wenn man in der Warteschleife 20 Minuten lang mit Mozarts Kleiner Nachtmusik gequält wurde, nachdem man von einer KI-generierten Stimme Tipps für ein „bestmögliches Anruferlebnis” erdulden musste, kann man für nichts mehr garantieren. Die Leute bei den Behörden sind in der Regel nicht glucksend freundlich. Selten nennen sie zur Begrüßung ihren vollen Namen. Sie fragen auch nicht: „Wie kann ich helfen?” Stattdessen bellen sie einem ins Ohr: „Kleeberg!” Sie haben null Bock auf das Telefonat. Was ich gut verstehen kann, denn den hab' ich auch nicht. Die Leute sind im Grunde wie ich. Und darum mag ich sie.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 10 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen

facebook icon instagram icon linkedin icon
© 2025 VierNull Media UG. Alle Rechte vorbehalten. Der Newsletter ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung bedarf der vorherigen schriftlichen Genehmigung von VierNull Media UG.