Mittwoch, 18. September 2024
 
+ Spurensuche zur Bundesdisziplinarkammer X + Rock am Ring für Hunde + Das eiserne Schweigen einer Düsseldorfer Familie +
 
  
Guten Morgen ,

das „X“ ist außerordentlich vielseitig. Es ist Buchstabe, mathematisches Zeichen, neuerdings sogar Nachrichtenplattform und als Kreuz irgendwie auch die Grundlage unserer repräsentativen Demokratie. Zudem ist es mystisch aufgeladen. In Serien wie „Akte X“, „X-Faktor“ oder „Terra X“ steht es für das Unbekannte und Unerforschte. Mit dieser Bedeutung spielt auch der Düsseldorfer Anwalt Robert Hotstegs. Er versucht gerade Geld für eine Recherche zu sammeln, die ihn seit Jahren umtreibt. Sein Anliegen überschreibt er bei Betterplace.org mit der Schlagzeile „Bundesdisziplinarkammer X – ein verschwundenes Gericht?!“.

Nun ist die mystische Nebenbedeutung des „X“ für Hotstegs‘ Anliegen sicher hilfreich, allerdings reiner Zufall. Die von 1953 bis 1967 existierenden Bundesgerichte waren schlichtweg auf 13 Bezirke aufgeteilt, dem Düsseldorfer Sitz kam die Nummer zehn zu, lateinisch „X“. In diesen Kammern wurden Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte durchgeführt, deren Zuständigkeit später im heute ebenfalls abgeschafften Bundesdisziplinargericht in Frankfurt am Main aufging. Klingt trocken, war es wohl oft auch. Wäre da nicht die zeitliche Nähe zum Nationalsozialismus.

Am Graf-Adolf-Platz, wo das Gebäude einst stand, befindet sich nun das GAP15, ein moderner Bürokomplex. Heute erinnert wenig daran, dass die Bundesdisziplinarkammer X einst existierte – weder vor Ort noch in Form wissenschaftlicher Publikationen. „Keiner weiß, was daraus geworden ist. Es gibt keine Zeitzeugen, kaum Akten, erst recht keine Fotos“, sagte Hotstegs schon vor zwei Jahren der „Rheinischen Post“. Die Kammer beschäftigte sich auch mit der Rehabilitation verurteilter Nazi-Kriegsverbrecher, die dort um ihre Rentenansprüche kämpften. Hotstegs vermutet, dass die Richter ihnen dabei oft wohlgesonnen waren. Und deswegen am liebsten keine größeren Spuren hinterlassen wollten.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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