Mittwoch, 04. September 2024
 
+ Eine kleine Geschichte des Düsseldorfer Hungerstreiks + Mythos Fortuna-Brötchen + Prozess gegen AfD-Politiker +
 
  
Guten Morgen ,

fünf Monate hat Haydar Demiray mit kurzer Unterbrechung durchgehalten. Um sich gegen die einheitliche Gefängniskleidung zu wehren, hat das Mitglied der linksextremistischen DHKP-C die Nahrung verweigert. Nur Zucker, Salz, Vitamin B1 und Wasser wollte er noch zu sich nehmen. Was Demiray getan hat, steht in der Tradition der radikalen türkischen Linken – die diese Protestform teilweise bis zum eigenen Tod praktiziert haben. Doch Demiraj sitzt nicht in der Türkei ein, sondern war bis kürzlich Häftling der JVA Düsseldorf. Seine Partei ist in Deutschland als Terrororganisation verboten. Wegen seiner Mitgliedschaft wurde er zu drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Ich habe von dem Fall erst vergangene Woche durch zwei kleinere Artikel in der „Rheinischen Post“ erfahren. Einen vor und einen nach der Entscheidung, dass sich Demiraj mit seinem Anliegen durchsetzt. Ich bin daran hängengeblieben. Weil ich die Protestform im Vergleich zum Ziel als sehr radikal empfand. Und, weil ich zuvor zwar von vielen Hungerstreiks gehört hatte, doch noch keinem in Düsseldorf. Schon gar nicht von einem, der mit einem Erfolg endet.

Also habe ich ein wenig recherchiert und bin bei Herbert Klewe gelandet. Klewe hat sich wie Demiray von der Düsseldorfer Justiz ungerecht behandelt gefühlt. Bei ihm ging es nicht um die Häftlingskleidung, sondern um einen Patentstreit mit einem Kerzenhersteller, den der Rentner in unzähligen Verfahren ausgekämpft hat – ohne dass sich die Richter seiner Meinung anschlossen. Also setzte er sich 2022 mit 80 Jahren vor das Landgericht und begann seinen Hungerstreik. Demiray hielt mehrere Monate durch, Klewe 28 Stunden. Im Gebäude hatte er Hausverbot und durfte dort deswegen auch nicht die Toilette benutzen. Also setzte er sich in ein Taxi und fuhr nach Hause.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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