Montag, 31. Juli 2023
 
+ Wie oft Bundestagsabgeordnete Anfragen beantworten + Der alte Chef geht - neue Chancen für die Rheinbahn + Oldtimer-Legenden an der Messe +
 
  
Guten Morgen ,

reden wir mal über Zahlen. Sie haben eindeutig Vorteile, weil sie klar daherkommen. Zwei und zwei ist vier – so Sachen. Aber man kann sie auch deuten. So wie die, die jetzt vom Infoportal Abgeordnetenwatch veröffentlicht wurden. Es geht um Anfragen an unsere Bundestagsabgeordneten aus ihren Wahlkreisen zwischen August 2022 und Juli 2023, und ob sie sie beantwortet haben. Das ist zwar nur eine Auflistung von mehreren hundert Namen, aber sie zu lesen ist keineswegs langweilig.
Auf dem Treppchen, also auf den ersten drei Plätzen, stehen zwei FDP-Abgeordnete und ein AfD-Mann aus Thüringen. Weit vor allen anderen befindet sich Bundesjustizminister Marco Buschmann mit 706 Anfragen, die er alle beantwortet hat. Direkt dahinter seine Parteifreundin, die Düsseldorfer Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann – 567 Fragen, auch sie ließ keine unbeantwortet. Den dritten Platz belegt der Thüringer AfD-Mandatsträger Stephan Brandner mit 378 Fragen und Antworten. Allzu streng geht das Portal übrigens nicht mit den Politikern um: Für die – eigentlich selbstverständliche – 100-prozentige Erfüllung gibt es das Prädikat „hervorragend“. Wer knapp drunter liegt, ist immer noch „vorbildlich“, bei noch weniger Einsatz reicht es immer noch zu einem „engagiert“, und gnädig gibt es „keine Auszeichnung“ für solche, die sehr wenig oder nichts tun.
Das führt natürlich zu kuriosen Ergebnissen. Dem Düsseldorfer CDU-Abgeordneten Thomas Jarzombek scheinen wenige zuzutrauen, Auskunft zu erteilen. Oder er vertritt die falschen Themen. Jedenfalls bekam er lediglich zwei Anfragen. Er ist allerdings nicht der einzige mit so wenig Zuspruch. Es gibt sogar welche, bei denen nur ein einziger Mensch etwas wissen wollte. Immerhin hat Jarzombek beide Fragen beantwortet, was ihm das Fleißkärtchen „hervorragend“ einbrachte. Ähnlich ist es bei seinen anderen Düsseldorfern: Sara Nanni (Grüne) hat 14 von 16 Anfragen beantwortet, Zanda Martens vier von vier. Andreas Rimkus (beide SPD) erhielt neun Mal Post, antwortete aber nur auf acht Fragen.
Dass Strack-Zimmermann so weit vor ihren Düsseldorfer Mitstreitern liegt, ist ihrem Job und ihrer Präsenz auf vielen TV-Kanälen geschuldet. Als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses ist Russlands Krieg derzeit ihr großes Thema, und sie vertritt die Ansicht, die Ukraine auf jeden Fall und mit viel Nachdruck zu unterstützen. Daraus darf man schließen, dass ein erheblicher Teil der an sie gerichteten Botschaften nicht voller Freundlichkeit ist. Natürlich greift sie nicht jedes Mal selbst in die Tastatur des Laptops, sondern lässt ihr Team reagieren – freilich immer in Absprache mit ihr, sagt sie.
Absolute Schlusslichter sind übrigens die Top-Leute der Parteien: Finanzminister Christian Lindner (FDP) wurde 1369 mal angemailt, beantwortete aber nur 641 Botschaften. AfD-Fraktions-Chefin Alice Weidel ignorierte von 70 Anfragen 100 Prozent, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beantwortete 314 von 849 Anfragen. Der sonst sehr kommunikative Wolfgang Kubicki (FDP) ließ sich bei 145 Mails nur bei 23 zu einer Reaktion herab. Keinerlei Antworten gab es von Kanzler Olaf Scholz (SPD, 383  Mails), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne, 419) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD, 571). Auch Friedrich Merz scheint keine Lust auf Post zu haben: Null Antworten bei 114 Fragen.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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