Guten Morgen ,
nun wissen wir also, dass
Friedrich Merz das mit der
AfD nicht so gemeint hat und natürlich dabei bleibt, jede Kooperation mit dieser Partei zu unterbinden. Kann sein, dass man ihn
missverstanden hat. Aber er selbst ist verantwortlich dafür, weil seine Wortwahl eine
andere Deutung zulässt. Das darf einem Mann, der von sich glaubt, der
optimale Kanzler zu sein, nicht passieren.
Viel interessanter ist in der Causa Merz jedoch die Geschichte hinter der Geschichte. Zum einen klingt das bei Merz so, als sei Kommunalpolitik vergleichbar mit der 3. oder 4. Liga. Weniger wichtig, nicht relevant, wenn man dort nicht eindeutig agiere. Wenn er das so sieht, offenbart er einen Mangel an Durchblick, der noch schlimmer ist als sein AfD-Fauxpas. Dann weiß er nämlich nicht, dass in den Rathäusern die
Basis aller Demokratie, aller Politik gelegt wird, und zwar täglich. Nur dort haben die Menschen
permanenten Kontakt zu jenen, die sie regieren (und verwalten), und nur dort werden die Dinge entschieden und umgesetzt, die jeden von uns täglich direkt
betreffen, bewegen, manchmal auch aufregen. Das für weniger wichtig zu halten, ist abenteuerlich. Hoffentlich ebenfalls ein Missverständnis bei dem Mann. Ich bin mir da allerdings nicht so sicher, weil er bisweilen schon sehr
abgehoben wirkt.
Zum anderen ist hoch spannend zu sehen, wer sich nicht geäußert hat zu Merz‘ Aussagen. Bekannte CDU-Politiker haben umgehend protestiert oder ihn unterstützt. Aber NRW-Ministerpräsident
Hendrik Wüst ließ mitteilen, er sei
„urlaubsbedingt nicht verfügbar“.
Diese ans Bizarre grenzende Aussage hat gleich mehrere Ebenen: Erstens ist sie
gelogen, denn niemand in einer solchen Position ist jemals nicht verfügbar. Ein so genanntes
Funkloch, in dem die damalige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mal während einer Sturmkatastrophe angeblich steckte, hat ihrem Ruf nachhaltig geschadet. Spätestens seit diesem Vorfall passiert so etwas nicht mehr. Es sei denn, die Nicht-Verfügbarkeit ist
gewollt. Bei Wüst dürfte das so sein, denn – zweitens – hat die nicht erfolgte Stellungnahme natürlich doch einen Inhalt: Wüst ist klug genug, kühl zu beobachten, wie sich sein Widersacher um höchste Ämter da gerade selbst ein Bein stellt und kann daher – drittens – andere Unionsvertreter reden lassen. Vermutlich in mit ihm abgesprochener Wortwahl. Man nennt eine solche Kommunikationsstrategie übrigens
dröhnendes Schweigen. Dahinter steckt ein simples Konzept: Hindere Deine Gegner niemals daran, Fehler zu machen. So oder so: Die Botschaft ist angekommen, vor allem bei Merz.
Für uns hier in
Düsseldorf ist der gesamte Fall aus mehreren Gründen
bedeutsam. Wüst, der in Liste der
beliebten Politiker derzeit nach oben klettert, hat von Merz nun weitere Punkte geschenkt bekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wüst der nächste
Kanzlerkandidat der Union wird, ist nochmals gewachsen. Sollte es dazu kommen, wird er sich Richtung Berlin orientieren, und wenn er klug ist – wovon ich ausgehe – dann macht er auch klar, in jedem Fall in den Bundestag zu gehen, ohne jedes Hintertürchen. Also auch, wenn er die
Wahl nicht gewinnt. Für Düsseldorf bedeutet das, dass ein neuer Ministerpräsident gebraucht wird. Das hat Folgen für eine ganze Reihe von Personen im Dunstkreis der hiesigen Union. Wir haben zu diesem Themenkomplex
hier und
hier und
hier berichtet.