Guten Morgen ,
dieser erneute Versuch, die Menschen daran zu hindern, im Rhein zu baden, hat etwas Rührend-Verzweifeltes. Jetzt sollen neue und sehr ausführliche Schilder klar machen: Lasst es sein, es ist lebensgefährlich. 70 Stück wurden am Fluss aufgestellt, und sie sind dicht gefüllt mit Piktogrammen und Schriftzeichen. Letztere naheliegenerweise nicht nur auf Deutsch, sondern auch in Englisch, Türkisch, Arabisch und Ukrainisch. Der Inhalt ist stets der gleiche: Man weist auf die gefährliche Strömung hin, die auch schon bei geringer Wasserhöhe tückisch sein kann. Dass es fruchtet, darf man bezweifeln. Denn Hinweise gab es über die Jahre immer wieder genug, und auch stets die plakativen Berichte über Menschen, die diese Warnungen ignoriert hatten und ertrunken waren. Frauen, Männer, Kinder – es geht querbeet durch die Bevölkerung, und oft ist man geschockt angesichts der Details. Wenn Väter etwa versuchen, ihre Kinder zu retten und mit denen ertrinken. Oder ein Hund soll gerettet werden, weil er abtrieb, und am Ende überlebte das Tier, aber sein Herr (oder seine Herrin) kamen zu Tode. Jedes Jahr gibt es diese Beispiele, und sowohl DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) als auch die Feuerwehr warnen, leider meist ungehört.
Dass dies immer noch so ist, war in den vergangenen Tagen bei der großen Hitze wieder unübersehbar. Von den Brücken aus habe ich mehrmals jeweils ein paar Dutzend Leute gesehen, die zwischen zwei Landzungen im niedrigen Wasser standen und sich abkühlten. Eine typische Situation: Sie alle fühlen sich offenbar sicher, weil ihnen das Wasser nur bis zum Knie reicht, sich nicht bewegt und die Strömung des Flusses etliche Meter weit weg ist. Was sie absolut unterschätzen, ist die Sogwirkung, die durch vorbeifahrende Schiffe entsteht. Sie zieht einem buchstäblich den Boden unter den Füßen weg, man fällt ins Wasser und ist ab da nur noch Treibgut, das in Sekundenschnelle ins bewegte Wasser rausgezogen wird. Um es zu glauben, muss man es er- und überlebt haben. Es ist wirklich beängstigend, diese Kraft der Natur zu spüren. Vor ein paar Tagen las ich den gutgemeinten Ratschlag eines Retters, der empfahl, in diesem Fall nicht gegen die Strömung anzukämpfen, da habe man keine Chance. Sondern sich treiben zu lassen und zu versuchen, wieder ans Ufer zu kommen. Vermutlich richtig so, aber ob man in Todesangst so überlegt reagiert? Außerdem kann einen die Strömung auch unter Wasser ziehen ...
Was mich angesichts der neuen Schilder übrigens gewundert hat: Klar, dass die Warnung dort auf Ukranisch steht, es sind viele Flüchtlinge aus diesem Land hier. Den Boykott der Russen und des Russischen aber soweit zu treiben und nicht auch noch in deren Sprache zu warnen, ist seltsam und unserer Kultur nicht würdig.
|