Guten Morgen ,
ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie unterschiedlich wir mit den Namen mancher unserer Straßen umgehen? Empfinden wir sie als ungewöhnlich oder haben eine besondere Beziehung zu ihnen, kürzen wir sie ab oder lassen Teile weg. Bei der Kö ist das für alle normal, aber niemand käme auf die Idee, aus Corneliusstraße Co zu machen oder die Heine-Allee auf Hei zu kappen. Dahinter steckt also mehr als nur das Bedürfnis abzukürzen.
Klar geworden ist mir das jetzt, als ich für einige Tage im Norden war. Dort oben, nicht weit von Hamburg, lese ich stets das von mir sehr geschätzte Hamburger Abendblatt. Darin fand ich einen Bericht über die Innenstadt und die Mönckebergstraße. Das ist eine bekannte Einkaufsmeile. Und dann stand da plötzlich diese Abkürzung: Mö. Als Düsseldorfer kommt einem das natürlich sehr bekannt vor, schließlich haben wir die Kö, von der auch jeder weiß, dass sie eigentlich Königsallee heißt, der Begriff Kö aber längst ein unabhängiges Eigenleben führt. Davon ist die Mö, glaube ich, noch weit entfernt, und ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das ins eher zurückhaltende hanseatische Denken passen soll. Zumal Mö, mit Verlaub, auch ein bisschen komisch klingt. Ich werde auf jeden Fall beobachten, wie sich das mit dem M und dem ö entwickelt.
Essen versucht übrigens Ähnliches mit seiner Rüttenscheider Straße. Inzwischen ist Rü durchaus gebräuchlich, wie ich neulich las, Einzelhändler und Gastronomen nutzen das Kürzel, und jeder – zumindest in Essen – weiß, was gemeint ist.
Ganz anders abgekürzt wird in Düsseldorf dagegen die Ratinger Straße. Korrekt geschrieben besteht die Adresse aus zwei Wörtern (weil sich das erste auf einen Ort bezieht), aber im Sprachgebrauch ist, jedenfalls nach meiner Wahrnehmung, „die Ratinger“ inzwischen usus. Auf „Straße“ verzichtet man. Wohl, weil sie längst mehr ist als eine schnöde Bezeichnung eines Verkehrswegs mit reichlich Gastronomie und ein paar Läden, sondern für ein Lebensgefühl, für eine bestimmte Form des Treffens mit Freunden steht. Das sich wohltuend (und vom speziellen Publikum bewusst betont) abhebt von anderen, krawalligeren Adressen in der Altstadt. Entspannt, friedlich, nicht vulgär, schlicht: anders – die Ratinger eben.
Bin gespannt, ob und wie die Liebe sich weiterentwickelt. Vielleicht hin zu „die Ra“?
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