Montag, 18. Juli 2022
 
+ Wie immer: Häme gegen Sylt und Düsseldorf + Wieso die Kö verarmt + Rätsel um den Tod eines Pferdes +
 
  
Guten Morgen ,

die brillante und von mir sehr geschätzte Autorin Ulrike Posche hat sich im Stern zur Lindner-Hochzeit auf Sylt geäußert. Wie erwartet ziemlich spitz und wie erhofft sehr amüsant. Sie steigt ein mit dem Satz: „Die nordfriesische Insel Sylt hat schon allerhand durchgemacht. Wikinger, Strandräuber, Dänenkönige. Es kamen Sturmfluten über sie, Feinkost Gosch und Düsseldorfer.“
Da isser wieder – der leicht hämische Seitenhieb auf uns, die Bewohner der Stadt am Rhein. In eine Reihe gestellt mit anderen Plagen. Wobei – tatsächlich gibt es da oben einen Dünkel gegen die Düsseldorfer. Allerdings hauptsächlich von jenen Menschen, deren Auto das vornehme HH im Kennzeichen trägt und die ohnehin meinen, sie wären schon aufgrund der geographischen Lage was Besseres. Düsseldorf, so lassen manche uns spüren, ist degoutant. Warum? Keine Ahnung. Offenbar macht es einen Unterschied, ob auf dem Range Rover das D prangt oder die Kennung der Hansestadt Hamburg.
Neulich las ich was Ähnliches bei „Spiegel Online“. Da ging es um die neue Netflix-Serie „King of Stonks“, in der man den Wirecard-Skandal aufpickt. Sie spielt hauptsächlich in Düsseldorf. Die Stadt, so hieß es von den Machern, sei mit dem ganzen Schickimicki-Gehabe das beste Pflaster für diese Hochstapler-Story, in der es um Möchtegern-Businessmen und Geprotze geht. Genüsslich beschreibt der Autor „in den Tiefen der Düsseldorfer Abgründe“ ein Phänomen, das ich so hier noch nie beobachtet habe – und zwar das von auffallend weißen Zähnen bei älteren Herren. Es gipfelt in dem Satz „Die Zähne ebneten mir den Weg in den Exzess“. Gesprochen von einem der Hauptakteure der verrückten Geschichte, die Matthias Brandt und Jan Bonny zur Serie machten. Ich lerne: Ein blendend weißes Gebiss ist bei älteren Männern offenbar ein wichtiges Signal für finanzielle, womöglich auch körperliche Vitalität. Und, ganz klar, natürlich taucht auch der weißhaarige Sugardaddy auf, in seinem SUV oder Ferrari um den Barbarossaplatz in Oberkassel kreisend, auf der Pirsch nach jungem weiblichen Wild, das er – vermutlich zähnefletschend und PS-dröhnend – zur Strecke bringen will. Tatsächlich habe ich so Jungs vorgerückten Alters schon mal gesehen. Dass sie allerdings mit junger Beute abzogen noch nie. Eher wirkte der Auftritt ungewollt lächerlich, weil diese Ex-Platzhirsche doch ein bisschen abgebrunftet wirken.  
Also – mal wieder alles da an Klischees, wie schon so oft. Dennoch rätselhaft. So wie Sylt zuletzt wieder zur Insel der Schönen und Reichen apostrophiert wurde, weil unserer Finanzminister dort seine Partnerin ehelichte. Jeder, der mal dort war, weiß, wie wenig das zutrifft – bis auf ein paar hundert Meter Whiskymeile und exklusive Adressen in Kampen. Immerhin teilt die Insel dieses Schicksal mit Düsseldorf: Barbarossaplatz und Kö prägen das Image, sind aber dennoch nur ein winziger Teil der Stadt, zu der auch Rath, Eller, Oberbilk, Urdenbach und Heerdt gehören. Das Riva im Hafen taucht gern in der Fachpresse der Schönen und Reichen auf, aber die Bude mit dem leckeren Döner an der Kölner Straße nie.
Tja – wir leben damit, schon lange. Und ich muss gestehen, ich lese das alles immer mit großem Spaß. Zumal ich weiß: Mitleid kriegt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 10 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen

© 2022 VierNull Media UG. Alle Rechte vorbehalten. Der Newsletter ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung bedarf der vorherigen schriftlichen Genehmigung von VierNull Media UG.