Mittwoch, 15. Juni 2022
 
+ Was Düsseldorf von Monheim lernen kann + Die dunkle Seite der Nacht der Museen + Ein Magazin der Macher des Büdchentags +
 
  
Guten Morgen ,

bis etwa halb zwei war die diesjährige Nacht der Museen herausragend. Die Schlange vor der Street-Art-Ausstellung Turbo Urban im Hotel Friends, von Kollege Herrendorf in diesem Beitrag angekündigt, war so lang, dass wir uns entschieden, erst einige Stunden später wiederzukommen. Der fast volle Mond über der Tonhalle strahlte. Und auf der Wiese vor der aufblasbaren Version vom New Yorker Guggenheim legte DJ Schwein auf. In einem Kofferraum. Der zweite Versuch bei Turbo Urban wurde belohnt. Die Ausstellung: eine Pracht. Die Leute: allerliebst. Die Musik: Oldschool-Geborgenheit.
Dann wurde ich auf der Kölner Straße ausgeraubt. Mein Glück: Ein Freund war in der Nähe und zur Stelle. Ein Freund mit drei Prozent Handy-Akku (reichte gerade noch für den Schlüsseldienst), mit Geduld und mit einem Arm, der mich lange genug festhielt. Die Versicherung haftet für Schäden wie meinen nur bei Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung. Wo fängt Gewalt an, frage ich mich, und sehe mich ohne Brille, Geld, Ausweise, Geldkarten, Fahrkarte, Schlüssel, Kopfhörer und mit einem tief sitzenden Schock unter fast vollem Mond nach Hause stolpern. Ein ziemlich gelungenes Käsebrot ist noch in der gestohlenen Tasche. Man bleibt nicht verschont. Aber: Mit Hilfe kann man Schweres schaffen. Am nächsten Tag steht Veronika mit Brot, Käse und Süßigkeiten vor der Tür, sie schenkt mir ein neues Portemonnaie. Stephan streckt das unverschämte Honorar für den Schlüsseldienst vor. Nele, die gerade Peru durchquert, telefoniert mit mir bei nächtlicher Panikattacke und erklärt mir seelenruhig den Unterschied zwischen Kaimanen und Krokodilen, bis ich wieder tief atmen kann. Im Hintergrund bellt ein Hund, eine Männerstimme trällert in eigentümlichem Englisch Bohemian Rhapsody von Queen. Die Stimme gehört Neles Mitbewohner. Singend bereitet er immer das Frühstück vor, sagt sie. In einer Einhornschlafanzughose. Scaramouch, Scaramouch, will you do the Fandango!
Ich habe innerhalb weniger Tage eine Oma, einen Batzen Geld und das Vertrauen in Versicherungssysteme verloren. Die trotzige Liebe zu meinen Mitmenschen und dieser seltsamen Welt aber nie.

Danke, dass Sie VierNull lesen und heben Sie sich das Beste nicht immer bis zum Schluss auf. Ich meine damit gute Käsebrote. Achso, und falls jemand von Ihnen ein Briefkastenschloss knacken kann, damit ich an all die neu georderten Karten und Ausweise komme: bitte melden. Ich behalte es für mich.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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