Freitag, 10. Juni 2022
 
+ Aufkleber? Nein Danke! + Ausstellungen, die Sie sehen müssen + Ultimative Tipps für die Nacht der Museen +
 
  
Guten Morgen ,

Aufkleber fand ich schon immer ziemlich entbehrlich. Erfreulicherweise hat heute kaum noch einer diese grinsende Sonne mit „Atomkraft? Nein Danke!“ auf dem Auto. Ich musste das Ding einst dulden, weil meine damalige Freundin es wollte. Merkwürdig finde ich auch den Umriss der Insel Sylt, einem Vogelschiss ähnlich. Er hat nichts mehr Exklusivität zu tun, das gilt erst recht für die gekreuzten Schwerter der dortigen Sansibar. Deren Chef verdient inzwischen sogar eine Menge Geld mit einem Sortiment für Lidl – für echte Sansibaren hoffentlich schwer zu ertragen. Und die Information, dass im Auto vor mir Kinder oder Hunde transportiert werden, halte ich auch nicht für wirklich relevant. 
Wie ich auf das Thema komme?
Weil gestern an der Graf-Adolf-Straße schräg vor mir ein SUV mit Düsseldorfer Kennzeichen stand, bei dem ein gelb-blauer Sticker auf der Kofferraumklappe prangte mit dem Spruch „Slava Ukrain“. Leider haben wir inzwischen lernen müssen, dass das „Ruhm der Ukraine“ bedeutet. Vermutlich wollte der Mensch am Steuer seine Solidarität oder Sympathie mit dem gepeinigten Volk östlich von uns ausdrücken. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen. Wie damals nach den Morden von islamistischen Fanatikern in der Redaktion der französischen Zeitschrift Charlie Hebdo – auf einmal waren viele von uns „Charlie Hebdo“. Insofern eine überraschende Metamorphose, als garantiert die meisten diesen Namen bis dahin nie gehört, geschweige das wirklich gute Magazin gelesen hatten. Auch dafür: viel Verständnis. 
Was mich allerdings wundert, ist der absolute Mangel an Aufklebern mit Sprüchen wie „Stand by Syria“ oder „Wir sind alle Afghanen“. Klar, sind wir nicht, könnten aber ruhig mal ein bisschen Mitgefühl zeigen. Auch da ist die Hölle auf Erden, und zwar schon lange, vor allem für Frauen und Kinder. Aber irgendwie ist das wohl eine andere Hölle, eine, von der wir uns nicht distanzieren wollen/können, deren Opfer uns wohl nicht so nahestehen. 
Stimmt ja auch – die sind meist dunkelhäutig und Muslime, leben in anderen Kulturkreisen. Leiden tun sie trotzdem, nicht weniger als Ukrainer oder Russen in diesem Massenmord à la Putin. 

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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