Dienstag, 22. März 2022
 
+ Der Fall Minouche: Wie es mit den Beteiligten weiterging + Eine Ölkrise der ganz neuen Art + Literaturbüro sucht WG zum Lesen und Zuhören +
 
  
Guten Morgen ,

vor ein paar Tagen habe ich hier bei VierNull über die Erinnerungen an vier autofreie Sonntage Ende des Jahres 1973 geschrieben. Auslöser war damals die so genannte Ölkrise. Mehrere arabische Staaten drosselten nach dem Jom-Kippur-Krieg in Israel die Öl-Förderung und wollten Europa, das Israel unterstützt hatte, mit der eingeschränkten Lieferung unter Druck setzen. Was in Ansätzen stimmungsmäßig klappte, aber ohne echte Wirkung blieb.
Neuerdings erleben wir eine Ölkrise der ganz anderen Art. Die Ukraine ist der weltweit größte Lieferant von Sonnenblumenöl, und wegen des russischen Überfalls auf das Land befürchten manche, es könnte knapp werden. Sonnenblumenöl! Offenbar ein Grundpfeiler der deutschen Ernährung, was mir bislang nicht aufgefallen war. Jedenfalls wird das Zeug seit Tagen gehamstert. Wie zu Beginn der Pandemie das Klo-Papier. Sie erinnern sich? 
Nun also Speiseöl. Als ich jetzt im Heerdter Supermarkt die Lücken auf den Regalböden sah und anhand der einsamen Preisschilder erkannte, was da gerade fehlt, machte mich das – wie damals beim WC-Papier – erstmal sprachlos. Und dann zornig. Wer tickt so und nimmt fünf oder zehn Flaschen mit, obwohl er auf Sicht nur eine braucht? Oder sind wir ein Volk von Pommes-Buden-Besitzern, die fürchten, ihre Fritteusen könnten trockenlaufen? Noch nie was von Air-Fryern gehört? Die machen mit sehr heißer Luft sehr leckere Fritten. Es ist jedenfalls zum Verzweifeln. Da können die Großhändler noch so oft betonen, eine Verknappung drohe nicht und Ersatz sei vorhanden – die Menschen reagieren in Panik und fangen zu horten an. Beängstigend, weil man sich nicht vorstellen möchte, was passiert, wenn es wirklich mal ernst wird. Ähnlich übrigens beim Mehl. Das wird auch in Mengen gebunkert. Von einer Kundschaft, die höchstens mal zu Weihnachten das Backblech mit Butter beschmiert und ansonsten auf die bewährten fertigen Mischungen zurückgreift, ergo: gar nicht backen kann. Denn, wenn sie es könnte, wüsste sie, dass man nur mit Mehl (und ohne Eier, Milch etc.) bis auf trockene Fladen nichts hinkriegt. Und wer jetzt schon zig Kilogramm Nudeln zuhause hat, möge mir bitte verraten, wie er das zu nötige Wasser zum Kochen bringt, wenn die ganz große Krise kommt, also Strom und Gas ausfallen. Wird der Topf über das Feuerchen aus Altpapier in der heimischen Nirosta-Spüle gehängt?
Nun gehe ich einkaufen. Mein Vorrat an Weißwein geht, garantiert nicht kriegsbedingt, zur Neige.
 

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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