Montag, 14. März 2022
 
+ Über, für und gegen das Alleinsein + Die Baustellen der neuen Kulturdezernentin + Kugelfische, die man gesehen haben sollte - und gehört +
 
  
Guten Morgen ,

letzte Woche lud das Team vom Salonfestival (mehr dazu unten) den Autor, warten Sie, ich drehe lauter, DEN Autor nach Düsseldorf ein, der seit Monaten in aller Munde ist: Daniel Schreiber.
Seine hochgelobten Essays „Nüchtern“ und „Zuhause“ wurden irre viel gelesen. Sein dritter und aktuellster Essay „Allein“ ist das Buch der Stunde. Es sorgt seit der Veröffentlichung im vergangenen Jahr dafür, dass Schreiber sich vor Einladungen zu Lesungen, Gesprächsrunden, Interviews, TV- und Radiosendungen kaum retten kann. Paula Döring moderierte den Abend im Nails projectroom in Flingern.
Kein Buch habe ich im vergangenen Jahr so oft verschenkt wie „Allein“. Ich freute mich auf die Lesung und empfand es als kostbares Privileg, in dieser Zeit, die immer neue Katastrophen bereithält, die trockene Kulturseele zu wässern. „Allein“ sollte zu Beginn ein Buch über Freundschaft werden, sagt Schreiber an jenem Abend. Fünf Jahre und eine weltweite Pandemie später ist es der Versuch einer Antwort auf die Frage „Können wir allein, ohne romantische Beziehung, ein erfülltes Leben führen?“ geworden.
Zu keiner Zeit haben so viele Menschen allein gelebt wie jetzt. Auch ich lebe allein. Das habe ich mir so ausgesucht, was nicht bedeutet, dass es immer einfach ist. Was mich seit der Lektüre und nach den intensiven Gesprächen an diesem Abend nicht loslässt: Meine Empörung darüber, dass das Alleinleben als Scheitern wahrgenommen wird. Das Leben als Single wird als Durchgangsort betrachtet, als schambehafteter Zustand, dessen Ziel es ist, überwunden und in eine Partnerschaft überführt zu werden, die dann bestenfalls in der Gründung einer Familie mündet. Filme, Serien und Bücher machen uns das vor - ja, selbst die, von denen wir das erstmal nicht vermuten.
Ich wünsche mir, nein, ich fordere, dass sich das ändert. Dass wir offener über diverse Lebensformen, Gesellschafts- und Beziehungsmodelle, über Einsamkeit, Gemeinsamkeit, Scham und Sehnsüchte sprechen. Mit meinen Freundinnen übe ich es seit einer Weile. Nie haben wir uns mehr gestritten. Nie waren wir uns näher.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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